Skandal-Zuschuss: Stadt Aachen mästet Spekulanten

Knallen jetzt die Sektkorken? Über 300.000 Euro für schmalbrüstigen Fahrradverleih

Stadt Aachen ohne ÜS

Aus dem Ruder gelaufen

Die Stadt Aachen pumpt 305.000 Euro in die Velocity Aachen UG. Diese Mittel sollen als Anschubfinanzierung zum Aufbau eines Pedelec-Verleihs dienen. Pedelecs sind Fahrräder mit zusätzlichem Elektromotor. Das Pikante: Die Gründer von Velocity haben lediglich 2.000 Euro Stammkapital in den Hut geworfen. Diese Handvoll Münzen und das Versprechen mehr Pedelecs auf die Straßen zu bringen, genügten um an die städtischen Schatullen zu gelangen. In der Ratssitzung vom 2.Juli wurde der üppige „Gründungszuschuss“ fraktionsübergreifend abgenickt. Ob ein Pedelec-Verleih in Aachen überhaupt eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft hat, ist Spekulation. Das bestehende Angebot der Deutschen Bahn wird denkbar schlecht angenommen.

 

Gewinne privatisieren und Verluste sozialisieren

Die Auszahlung der 305.000 Euro ist gegen die wirtschaftliche Vernunft. Der Betrag steht in keiner Relation zum mickrigen Stammkapital. Warum haben die Gesellschafter nicht mehr Geld investiert, wenn sie von ihrem Unternehmen so überzeugt sind? Warum muss die Stadt die „Anschubfinanzierung“ stellen? Warum übernimmt das nicht ein privater Kapitalgeber oder eine Bank?

Eine Aufnahme der Stadt Aachen in den Gesellschafterkreis wäre das Mindeste gewesen. Den jetzigen Gesellschafterkreis wird es freuen. Der Unternehmenswert, hat sich dank städtischer Alimentierung bereits vervielfacht. In Aachen werden Spekulantenträume wahr. Gewinne werden privatisiert und das Verlustrisiko sozialisiert.

 

Sinnvollere Lösungen lagen auf der Hand

Das üppige Geschenk an die Velocity Aachen UG war unnötig. Es gab Lösungen für einen bedachtsameren Umgang mit den Steuergeldern. Die AfD-Aachen schlug in der Ratssitzung zwei alternative Herangehensweisen vor.

Möglichkeit 1:
Der Zuschuss zum Aufbau eines Fahrradverleihs wird an die ASEAG vergeben. Dadurch entstehen Vorteile bei der Gewinnung von Kunden und der Verleih kann optimal auf den Nahverkehr abgestimmt werden. Des Weiteren ist die ASEAG ein städtischer Betrieb. Die mit dem Geld angeschafften Räder und Stationen bleiben dadurch erstmal städtisches Vermögen. Warum soll die Stadt Steuergelder an private Unternehmen verschenken, ohne einen messbaren Vorteil zu erlangen?

Möglichkeit 2:
Die Stadt erwirbt die Pedelecs und Leihstationen und stellt sie der FirmaVelocity Aachen UG bis auf weiteres unentgeltlich zur Verfügung. Bei Komplikationen gehen die Räder und Stationen an die Stadt zurück. Sie werden dann verkauft, an die ASEAG überstellt oder für anderweitige Projekte verwendet. Das war die von der AfD präferierte Lösung.

 

Der SPD-Fraktionschef Michael Servos ging die AfD-Vorschläge hart an. Servos hatte sich bereits im Vorfeld auffallend stark für das Projekt eingesetzt und auf eine zügige Umsetzung gedrängt. Er warf den AfD-Ratsleuten sozialistisches Gedankengut vor. Man habe bewusst eine moderne „öffentlich-private Partnerschaft“ gewählt. Ausserdem würde der Kauf von Rädern durch die Stadt nichts bringen. Wenn das Projekt scheitert, säße die Stadt Aachen auf einem Haufen Räder und müsste diese zum Schrottwert veräußern. Ob zum Schrott- oder doch eher Marktwert sei dahingestellt. Aber selbst der Schrottwert ist immer noch besser, als der vollständige Verlust von 305.000 Euro. Für den Rat der Stadt Aachen sind solche Beträge aber offensichtlich nur Kleinigkeiten. Lediglich die beiden Vertreter der AfD und der fraktionslose Abgeordnete Wolfgang Palm stimmten gegen das Investorengeschenk.