Kollege Roboter: Was heute schon möglich ist und wie es die Zukunft verändert

Die Industrie 4.0 wird für Wirtschaftskammern und Unternehmerverbände zu einem immer wichtigeren Zukunftsthema, doch Gewerkschaften und Politik behandeln die Verwandlung unserer Fabriken eher stiefmütterlich. Das überrascht, denn gerade für Arbeitnehmer kann die Digitalisierung, Vernetzung und Robotisierung der Industrie negative Überraschungen bereithalten.

Auf die daraus resultierenden Zukunftsfragen muss die Politik Antworten vorbereiten. Längst sprechen insbesondere amerikanische Wissenschaftler gar von einer Industrie 5.0, deren Kräfte unsere Gesellschaften in den nächsten zwanzig Jahren ebenso fundamental verändern könnten, wie es die erste industrielle Revolution vor mehr als hundert Jahren tat.

Schon heute real: Roboter als Arzt, Koch, Mechaniker, Journalist

Es ist faszinierend und erschreckend zugleich, was heute bereits Realität ist! Ein alter Hut ist, daß der Schachcomputer „Deep Blue“ 1997 den Schach-Weltmeister Garry Kasparow bezwingen konnte. Sein Nachfolger, der IBM Watson Roboter, beherrscht nicht nur das für einen Computer prinzipiell „einfache“ Berechnen von Zug-Kombinationen bei einem Schach-Spiel, sondern ist auch mit Emotionen, Ironie, Witz und gesellschaftlichen Regeln vertraut, sodass er die US-Unterhaltungs-Sendung „Jeopardy“ gegen menschliche Mitbewerber gewann. Doch sein eigentliches Einsatzgebiet sind derzeit amerikanische Spezialkliniken für Krebserkrankungen, wo er eigenständig Diagnosen stellt und Behandlungspläne entwickelt. Diese kann er in einer Art wissenschaftlichen Disputation gegenüber dem behandelnden Arzt verteidigen und erklären. Die Vorstellung, von einem Arzt diagnostiziert zu werden, der das Beschwerdebild analysiert und im Anschluss tausende Fachaufsätze, Dissertationen und Akten auf einmal in Sekundenschnelle systematisch nach Parallelen durchforstet, ist beeindruckend. Ein konventionell ausgebildeter Arzt hat jedenfalls in diesem Teilgebiet der ärztlichen Behandlung klar das Nachsehen.
So dürfte es künftig auch vielen Arbeitnehmern im traditionell sehr gut bezahlten und mit angenehmen Arbeitsbedingungen gesegneten Automobilsektor ergehen. Im neu gebauten Tesla-Werk im kalifornischen Freemont arbeiten 160 hochflexible Industrieroboter bereits an ihrer Stelle. Sie benötigen keine Kaffepause, jeder Handgriff sitzt und sie wechseln selbstständig ihre Werkzeuge in den Greifarmen. Das ganze Werk wirkt gespenstisch menschenleer.

Günstigere und bessere Arbeitskräfte – Auch Akademiker betroffen

Den Trend in der Restaurant-Branche auf die Spitze getrieben hat wohl die japanische Sushi-Kette Kura, die ihre über 200 Restaurants ohne einen Mitarbeiter vor Ort betreibt: Produktion, Service, Warenmanagement und Abwasch werden vollständig von Robotern übernommen. Nur in der Zentrale koordinieren und überwachen einige wenige Mitarbeiter den reibungslosen Ablauf. Das Modell rechnet sich: Mit nur 0,80 Cent pro Sushi-Portion liegt Kura im teuren Japan preislich deutlich unter der „menschgemachten“ Konkurrenz.

Aber die stetig steigende Zahl an Akademikern hat doch wenig zu befürchten, oder? Weit gefehlt! Am beeindruckendsten ist abseits des bereits erwähnten IBM Watson wohl der Wissenschafts-Roboter „Eureqa“. Er wurde ohne jegliche physikalische Vorkenntnisse an ein gewöhnliches Pendel angeschlossen und sollte mit diesem selbstständig Versuche durchführen und seine Schwingungen auswerten. Das Ergebnis: Nach gerade einmal zwei Stunden hatte „Eureqa“ mehrere Meilensteine der Physik wie das zweite newtonsche Gesetz entdeckt. In einem weiteren Versuch entwickelte er eine biochemische Gleichung für die Vermehrung von Bakterien, die so komplex ist, dass noch heute Wissenschaftler versuchen sie nachzuvollziehen.

„Cloud Robotics“ macht Hoch-Technologie für jeden bezahlbar

Und auch Journalisten haben künftig weniger zu lachen: Auf den US-Portalen des FORBES-Magazins, der LA Times und zahlreicherer weiterer renommierter Medien werden Artikel teilweise gar nicht mehr von ihnen geschrieben: Das übernimmt der Algorithmus von Narrative Sciences, ohne dass es ein Leser je bemerken würde. Und wer nun denkt, derartige Technologie und die dafür benötigte Hardware seien unbezahlbar teuer, der irrt:  „Cloud Robotics“ macht Algorithmen und moderne Roboter für immer breitere Schichten erschwinglich. Die hochkomplexen Rechenvorgänge werden zentral in großen Rechenzentren erledigt und dann nur noch zu den Empfängern gestreamt. Der Effekt: Der Endnutzer braucht keine große Rechenkapazität, die Geräte werden drastisch günstiger.

Beeindruckend, was heute schon möglich ist und Einzug in unser Wirtschaftsleben gehalten hat. Was dessen Auswirkungen auf unser Arbeitsleben sein werden und welche Lösungen die Politik anbieten muss, lesen Sie in den nächsten Artikeln der dreiteiligen Robotik-Serie.

Hier lesen Sie den zweiten Teil der Artikelserie.

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Bildquelle Roboter: Fotolia – Datei: #115638031 | Urheber: the_lightwriter