Konflikt in Syrien – Schluß mit der Scharfmacherei

Wegen der brisanten Lage in Syrien hat der Bundesvorstand der „Jungen Alternative“ heute Kritik an der Außenpolitik Deutschlands geäußert. Er hält es für widersprüchlich Kurden im Nordirak mit Waffen zu beliefern und Kurden der syrischen Stadt Koban nicht. Es sei „unverständlich, wieso sich Außenminister Steinmeier unsolidarisch gegenüber den syrischen Kurden verhält [..]“. Da der Bundesvorstand einer noch weitergehenden Einmischung Deutschlands das Wort redet, muss eine Debatte in dieser Sache angestoßen werden.

 

Die Türken und die Kurden

Die Hilfe für Kurden im Irak und die mangelnde Unterstützung der Kurden in Syrien ist kein Widerspruch. In Irakisch-Kurdistan bestimmt Staatspräsident Masud Barzani die Geschicke der dort lebenden Kurden. Er hat bereits früh auf einen Schulterschluss mit der Türkei gesetzt. Heute bestehen zahlreiche Investitionsabkommen und Rohstofflieferverträge zwischen Arbil und Ankara. Der in der Türkei inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan ist der größte „innerkurdische“ Konkurrent von Barzani. Folglich hat Barzani kein Interesse an einem Erstarken der PKK, die in Syrien und der Türkei aktiv ist. Das verbindet ihn mit dem türkischen Präsidenten Erdogan, der den Einfluß der PKK ebenfalls klein halten möchte. Erdogan hat kein Interesse an einem Brückenschlag zwischen den bisher gespaltenen Kurden. Die Bezeichnung „Kurden“ täuscht schnell darüber hinweg, daß es sich um heterogene Gruppen mit verschiedenen Interessenlagen handelt, die aktuell durch den Kampf gegen IS geeinter auftreten. Deutschland sieht sich als Verbündeten der Türkei und nimmt daher auf deren außenpolitische Ausrichtung Rücksicht. Damit wird deutlich, warum das Verhalten von Steinmeier aus dessen Sicht folgerichtig ist.

 

Die Schlacht um Koban – Eine gewollte Blutpumpe?

Weitere Gründe können eine Rolle spielen, warum die Unterstützung der Kurden in Koban „ins Stocken gerät“.  Viele IS-Unterstützer aus Europa reisen nach Syrien um dort zu kämpfen. Das Handelsblatt nannte Mitte September eine Zahl von 400 Unterstützern, die sich aus Deutschland auf den Weg gemacht haben. Die Bundesregierung plant sogar die Markierung von Ausweisen der IS-Unterstützer, um ihre Ausreise aus Deutschland zu unterbinden. Warum die Bundesregierung diese Leute gerne hier behalten möchte, ist Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Ebenfalls kann nur spekuliert werden, ob der Kampf um Koban so zurückhaltend untertützt wird, weil die Stadt als „Blutpumpe“ dient. Ausländische IS-Anhänger gelangen oft über die Türkei nach Syrien. Eines der nächstliegenden Kampfgebiet ist das an der Grenze liegende Koban. Kühle Beobachter schlußfolgern daraus, ein langer Kampf um Koban wäre für einige Beteiligte nützlich. Ausländische Dschihadisten führen dort ihren ersten und letzten Kampf. Sie kehren nicht mehr in ihre Herkunftsländer zurück und stellen dort später keine Bedrohung dar. Der Kampf um Koban bindet viele Kräfte des IS, führt zu hohen Opferzahlen und bremst den weiteren Vorstoß. Die kämpfenden Kurden müssen ebenfalls hohe Opferzahlen beklagen, was angeblich türkischen Interessen entgegenkommen soll.

 

Westlicher Imperialismus

Der Vorstand der AfD-Jungendorganisation fordert in seiner Stellungnahme ein Eingreifen des Westens. Er begründet dies mit der Gefahr eines „Gesellschaftsbild …, welches wir aus den dunkelsten Zeiten der Geschichte der Menschheit kennen.“ Damit wird der Anspruch erhoben entscheiden zu können, welches Gesellschaftsbild für „die Menschheit“ seligmachend ist. Ein Export dieses Weltbildes wird befürwortet. Dieser Kulturimperialismus ist es, der vor allem die USA im Nahen Osten verhasst macht und dem Terror Nahrung gibt. Wenn in Saudi-Arabien das Volk nach der Scharia leben möchte, geht das den Westen nichts an. Deutschland ist gut beraten, sich aus möglichst allen ausländischen Glaubens- und Territorialstreitigkeiten rauszuhalten. Der amerikanisierte Westen muss lernen, daß Toleranz auch immer gegenüber anderen Weltanschauungen gilt. Wenn in islamischen Staaten einem Räuber die Hand abgeschlagen wird, entspricht das dem Rechtsempfinden der dort lebenden Bevölkerung. „Der Westen“ hält das im Rahmen seiner Weltanschauung für barbarisch. Er hat aber kein Recht dem islamischen Staat seine Meinung mit Gewalt aufzuzwingen. Im Gegenzug könnten es islamische Staaten für verwerflich halten, wenn im Westen für einen Raubüberfall nur eine lasche Bewährungsstrafe verhangen wird. In diesem Fall würde sich ein westlicher Staat auch jede äußere Einmischung verbitten. So ist jedem Kulturkreis sein ihm eigenes Rechtssystem zuzugestehen.

 

Berlin | Oberbaumbrücke

Für dauerhaften Frieden auf Deutschlands Straßen – Schluß mit der Scharfmacherei

Deutschland als Pulverfass – Bürgerkrieg vermeiden

In seinem Beitrag schürt der JA-Bundesvorstand Angst vor dem Islam und vor Terroranschlägen in Deutschland. Er fordert ein weitergehendes militärische Engagement „des Westens“. Dabei lässt er außer acht, daß ausgerechnet das von ihm geforderte „Eingreifen des Westens“ die Gefahr von Terroranschlägen erhöht. Eine Bekämpfung von IS im Ausland provoziert erst Gegenschläge im Inland.

Die seit vielen Jahren anhaltende Heterogenisierung der Bevölkerung bringt Deutschland einem Bürgerkrieg immer näher. So haben heute in Düsseldorf 20.000 Kurden für eine Einmischung des Westens demonstriert. Bei ähnlichen Demonstrationen kam es in der Vergangenheit bereits zu massiven Straßenschlachten mit IS-Sympathisanten. Deutschland ist durch die verfehlte Einwanderungspolitik der Altparteien zu einem gefährlichen Pulverfass gemacht worden. Konflikte im Ausland werden immer häufiger zu Konflikten im Inland. Deutsche Politiker tun daher gut daran, sich in religiös motivierten Konflikten neutral zu positionieren und jede Scharfmacherei zu vermeiden. Deutschland darf nicht den Fehler der USA wiederholen und im Ausland mit dem Maschinengewehr für „westliche Werte“ missionieren. Deutschlands Aufgabe ist es Konzepte zu entwickeln, die den inneren Frieden im eigenen Land sicherstellen und einen Bürgerkrieg vermeiden. Die Geschichte zeigt, daß Vielvölkerstaaten fast immer zu todbringenden Konfliktherden werden. Deutschland steht wegen immer schärferen ethnischen, religiösen und kulturellen Bruchlinien innerhalb seiner Bevölkerung, vor großen Herausforderungen. Wichtiger als die gefährliche Forderung nach militärischem Engagement in Syrien, ist daher die Entwicklung eines Konzeptes gegen die sich abzeichnenden Konflikte in Deutschland.

 

 

 

 

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