Sondersitzung zur Gewalt in Aachen: Politik macht Polizei zum Sündenbock

Aachen wird zur Angststadt. Bandenkämpfe, Schießereien und brutale Raubüberfälle. Immer mehr Bürger haben Angst. Die regierende CDU und SPD interessiert das zu wenig. So ist Ordnung und Sicherheit kein Punkt im Koalitionsvertrag. Erst als sich vor wenigen Tagen die Bürgerstreife „Wir helfen Aachen“ gründete, wurde der Oberbürgermeister aktiv. So berief er für gestern eine Sondersitzung des Hauptausschusses ein. Den großen Wurf hat niemand erwartet. Was jedoch folgte, war ein Tiefpunkt der Aachener Politik. Die Sondersitzung entpuppte sich als link orchestrierte Stimmungsmache gegen Polizei und Bürgerstreifen.

 

Die Sitzung begann mit einer kurzen Stellungnahme von Polizeipräsident Dirk Weinspach zu den brutalen Raubüberfällen. Nach Weinspach gab es einen Rückgang der Überfälle bis zur Mitte des Jahres. Seit der letzten Augustwoche seien die Zahlen jedoch explodiert. Aktuell sei wieder ein Normalzustand erreicht. Man läge aktuell leicht unter den Fallzahlen des Vorjahres. Zehn Täter wurden in den letzten Wochen festgenommen.

 

Wichtige Fragen wurden nicht gestellt

An dieser Stelle drängten sich erste Fragen auf. Die Fallzahlen können annähernd gleich sein, aber wie sieht es mit der Härte der Gewaltanwendung aus? Wieviele Opfer wurden letztes Jahr verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und wieviele dieses Jahr? In welchem Jahr kamen mehr Waffen zum Einsatz? Wieviele der zehn festgenommenen Täter sind überhaupt noch inhaftiert? Aus gut informierten Kreisen ist zu hören, daß 7 Räuber bereits wieder auf freiem Fuß sind. Gerne hätte die AfD diese wichtigen Fragen gestellt. Da die AfD jedoch zum Zuhören an den Katzentisch verbannt war, kam eine kritische Betrachtung des Themas gar nicht auf.

 

CDU und SPD sehen keinen Handlungsbedarf

Die Vertreter der Altparteien verkürzten die Aussage des Polizeipräsidenten auf die Formel „Dieses Jahr gibt es weniger Raubüberfälle als letztes Jahr“. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Harald Baal sieht keinen Ergänzungsbedarf zur Polizei. Auch nicht durch eine Bürgerstreife. Diese wertete er als unqualifizierte „Hilfspolizei“ ab. Auf die Spitze trieb er es mit der Feststellung, daß die einberufene Sondersitzung möglicherweise schon ein falsches Signal sei. Schließlich könnten die Bürger den Eindruck bekommen, es gäbe kritische Zustände in Aachen. Die SPD schloß sich den Ausführungen von Baal inhaltlich an, lehnte die Bürgerstreife ab und sieht ebenfalls keine grundsätzliche Handlungsnotwendigkeit.

 

Polizeipräsident wird fraktionsübergreifend demontiert

Flugblatt der Polizei Aachen

Wieviele Überfälle durch dieses Flugblatt möglicherweise verhindert wurden, spielte keine Rolle – Polizei soll sich zukünftig zurückhalten

Danach wurde Polizeipräsident Weinspach in die Mangel genommen, bis er sich im Sinne der Parteien zum Thema Bürgerwehr äußerte. Diese seien unerträglich und nicht hinnehmbar. Bürgerstreifen seien nur Show. Er halte nichts von ihnen. Dieses Bekenntnis brachte ihm freilich nur wenig Luft. Die fraktionsübergreifende Demontage des Polizeipräsidenten lief erst an. Grünen-Sprecherin Griepentrog erhöhte den Druck. Die kritische Haltung der Polizei zu Bürgerstreifen hätte deutlicher an die Presse signalisiert werden müssen. Sie stellte die Nennung von zu konkreten Tätermerkmalen bei Fahndungsaufrufen in Frage. Auch die Flugblattaktion mit der die Polizei vor Überfällen warnte, sei ein Fehler gewesen. Diese Aktion habe zur Verunsicherung der Bevölkerung beigetragen.

Von den aggressiven Angriffen überrascht räumte Weinspach ein, daß durch die Flugblattaktion möglicherweise ein falscher Eindruck erweckt worden sei. Die Aktion sollte die Bürger aufklären und zur Aufmerksamkeit ermuntern, rechtfertigte er sich. Sichtlich bemüht den schwarzen Peter nicht nur bei der Polizei zu belassen, verwies er auf die Verantwortung der Presse. Dort seien klare Botschaften nicht immer richtig aufgefasst worden.

 

CDU-Fraktionschef Baal belehrt den Polizeipräsident

Der sachliche Hinweis auf die Verantwortung der Presse war CDU-Mann Baal zuviel. Schulmeisterhaft belehrte er den Polizeipräsidenten über die Aachener Presse. Diese sei verantwortungsbewußt und differenziert in der Berichterstattung gewesen. Herr Weinspach müsse mit nach Hause nehmen, daß die ein oder andere Pressemitteilung der Polizei suboptimal gewesen sei.

Weinspach sah souverän über den Ton von Baal hinweg. Diplomatisch entschuldigte er sich und versprach zu überlegen, wie Pressemitteilungen zukünftig klarer formuliert werden könnten. Eine Presseschelte hätte er nicht gewollt.

Die Beiträge der anderen Parteivertreter hieben in die selbe Kerbe. Die Polizei kommuniziere schlecht und verbreite Panik. Bürgerstreifen seien schlecht. Kurz vor Schluß der Sitzung betonte Weinspach zur Zufriedenheit der Altparteien nochmal, daß es keine Zusammenarbeit mit der Bürgerstreife geben werde.

 

Zusammenfassung

Die gesamte Sitzung war eine Farce. Die AfD als kritische Opposition saß am Katzentisch und wurde nicht angehört. So kam wieder nur die ganz große Aachener Koalition zu Wort. Auch die anwesenden Bürger durften keine Fragen stellen. Bürgerstreifen wurden fraktionsübergreifend abgelehnt. Eine Ergänzung der Polizei wird für nicht erforderlich gehalten. An einer Zurüstung des Ordnungsamtes besteht kein Interesse. Oberbürgermeister Philipp behauptete: „Wir haben die bestehende Lage mit dem bestehenden Personal im Griff.“ Unverhohlen wurde Polizei und Presse signalisiert, zukünftig bitte zurückhaltender zu berichten. Getreu dem Motto: Probleme die in der Öffentlichkeit nicht erwähnt werden, gibt es in den Köpfen der Bürger nicht.

 

Es bleibt zu hoffen, daß die Polizei in ihren Pressemitteilungen weiter Klartext spricht. Aufgabe der Polizei ist es Bürger zu informieren. Dazu gehört je nach Gefahrenlage auch die Verbreitung von Warnungen über Flugblätter. Täterbeschreibungen müssen logischerweise möglichst konkret sein um Fahndungserfolge möglich zu machen. Hier etwas anderes zu fordern zeigt, daß es den Altparteien nicht wirklich um die Sicherheit der Bürger geht.

 

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